Ist analog eher das haben und digital eher das sein? Analog soll für alles stehen, was ich anfassen kann. Nicht nur Schallplatten oder Kassetten. Eben auch Bücher und dergleichen. Virtuell ist alles, was ich nicht anfassen kann. Offensichtlich bediene ich mich keiner Lehrbuchdefinitionen. 🙂
Ich kann also Medien besitzen und physisch damit in Kontakt treten. Dinge tun, die ich mit virtuellen Medien nicht kann. Bücher kann ich anfassen, knicken, riechen, beschriften zufällige Seiten aufschlagen. Platten beim hören der Musik in der Hand halten und Texte mitlesen, das Cover ansehen, das Booklet durchnlätter. Eine Verbindung zwischen dem gehörten und dem physischen Teil herstellen. Zugegeben, trennen sich hier Inhalt vom physischen Teil Aber auch eine Platte oder eine CD haben ein Design, spezifisches Gewicht etc. Also Eigenschaften und Eigenheiten, die nur diesen jeweiligen Gegenständen zugeschrieben werden können. Zudem haben sie in der Aufbewahrung einen Ort. Früher war es eine Wissenschaft für sich, nach welchem Prinzip die Plattensammlung soritert war. Nick Hornby hat es in seinem Buch High Fidelity auf die Spizte getrieben.
Auch Bücher haben eine Ordnung. Je nach Umfang einer Sammlung aka Bibliothek auch eine deutlich räumliche über viele Meter Regal verteilte Ordnung mit Signaturen etc. Da lässt sich stöbern, wie es heute nur noch beim Shoppen passiert. Und ähnlich wie bei Ikea läuft mensch plötzlich mit fünf Büchern aus der Bibliothek, obwohl auf dem Zettel nur eine Signatur stand. ¯\_(ツ)_/¯
Vor ca. 10 – 15 Jahren gab es viele Bemühungen diese Erlebbarkeit im Digitalen Raum abzubilden. In iTunes oder im iPod konnte man durch die sortiereten Plattencover wischen oder drehen. Sofern Cover gespeichert waren. Google organisierte den digitalen Zeitschriften Kiosk in Form eines Displays für Zeitschriften wie es aus Supermärkten bekannt war und zeigte die Titelseiten der Zeitschriften, Zeitungen und Magazine so, wie sie auch im sichtbar wären, oder sogar vollständig. Die TAZ macht dies in Ihrer App heute noch so. Sie erzueugt das Erlebnis Tageszeitung. Mit den Falthandies von Samsung kann man die Zeitung jetzt schon in der Mitte zusammenfalten. Leider jeweils in die falsche Richtung. Also es braucht ganz klar handys, mit zwei Scharnieren, sodass sie sich wie eine Zeitung falten lassen, mit Displays innen und außen. Keine Frage.
Heute versuchen die Meisten Angebote die analoge Welt nicht mehr zu imitieren. Sie haben eine eigene Bildsprache gefunden. Gerade im Bereich der Musik fällt es auf, dass sich von den frühen Versionen von iTunes zur heutigen einiges getan hat bzw. Spotify und Co nicht mehr so aussehen wie das alte CD-Regal. Warum aber nicht mehr? Für mich hat sich der Umgang Medien deutlich verändert. Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Illustrierte, DVDs, VHS, Bluerays, Schallplatten, Kassetten, Tonband, Minidisc und dergleichen mehr waren quasi mal in meinem Medienportfolio. Heute ist es im wesentlichen auf Bücher, PDFs, MP3, Streaming und Schallplatten geschrumpft. Und selbst Bücher kommen nicht mehr viele in meinem Besitz. Sie werden ausgeliehen oder nach Möglichkeit in einem digitalen Format konsumiert. Das ist bei Umzuügen definitiv merkbar. Bücher oder 180g Vinyl summiert sich doch ordentlich. Jedenfalls mache ich keine Mixtapes mehr. Aber auch keine Mixplaylisten.
Viel relevanter finde ich aber das Erinnern an Musik, Bücher etc. Durch die Physische Komponente entfällt etwas, was dabei half sich daran zu erinnern, was ich gerade dort hatte. Welchen Film ich sah oder Serie geschaut habe oder welches Paper ich auf meinem PDF Reader gelesen habe. Denn mittlerweile sind es so viele Inhalte, die auf desen Geräten sind, dass ich diese nicht mehr entsprechend alle im Kopf habe(n kann).
Ich finde darunter leidet schnell die Übersichtlichkeit. Auch weiß ich nicht immer sofort das richtige Schlagwort nachdem ich suchen muss oder die Metadaten sind nicht in Ordnung oder die Volltextsuche durchsucht nicht den Inhalt etc. Die Problemlagen sind vielfältig und bisher sind mir keine umfassend gute Lösungen begegnet, meist nur Insellösungen oder Lösungen, die wiederum nicht meiner Arbeitsstruktur entsprechen. Das Imitieren der analogen Welt war es scheinbar bisher nicht. Wie geht Ihr damit um? Es muss ja nicht gleich die eigene digitale Bibliothek inklusive Automatisierungsworkflow sein wie Beat Döbeli Honegger mit seinem Biblionetz betreibt. Wie sieht euere Mensch-Digital-Schnittstelle aus?